Rund 200.000 Österreicher waren laut Gesundheitsministerium zumindest einmal in ihrem Leben an einer Essstörung erkrankt. Betroffen sind vor allem 15- bis 20-jährige Mädchen. Die Zahl der Erkrankten hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch erhöht – innerhalb von 20 Jahren verzehnfacht. Umso wichtiger ist es, eine Essstörung rasch zu erkennen und den Betroffenen im Umfeld zu helfen.

1989 wurden 269 Personen mit Essstörungen registriert – schon damals waren 89 Prozent davon Frauen. Im Jahr 2000 waren es bereits 1.471 registrierte Spitalsaufenthalte und 2008 verzeichnete man 2.734 Spitalsaufenthalte aufgrund von Essstörungen. Von allen 15- bis 20-jährigen Mädchen in Österreich leiden 2.500 an Magersucht und über 5.000 an einer subklinischen Essstörung, also an einer leichteren Verlaufsform.

„Diese Zahlen stellen jedoch nur die Spitze des Eisberges dar, da sie nur die wirklich schwer Erkrankten widerspiegelt. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher sein“, erläutert Dr. med. Aida Kuljuh, Klin. Abt. für allgemeine Pädiatrie Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde Med. Universität Graz, beim Allgemeinmedizinkongress.

Essstörung: Hilfe aus dem Umfeld

Je früher man eine Essstörung erkennt, desto erfolgreicher kann man behandeln. Hier einige Merkmale, die Freunden und Familie helfen, auf eine Essstörung rechtzeitig aufmerksam zu werden:

  • Auffälliges Essverhalten: vor allem gekoppelt mit der Angst vor dem Essen und einer panikartigen Furcht vor Gewichtszunahme.
  • Asketischer Stolz: Menschen mit Essstörungen können von einem asketischen Stolz erfüllt sein, überlegen zu sein und „nicht so schwach wie die anderen“.
  • Überlegenheitsgefühl durch Disziplin: Oft entwickeln Betroffene einen starken Ehrgeiz und eine erstaunliche Leistungsfähigkeit in Schule, Beruf oder Sport. Dabei sind sie von einem ausgeprägten Willen getrieben, ihren Körper zu beherrschen.
  • Panik vor Gewichtszunahme: Es besteht übertriebene Angst, zu dick zu sein oder Angst zuzunehmen – auch wenn die Person untergewichtig ist.
Maßstäbe für verschwindend dünne Tatsachen

Zusätzlich helfen verschiedene Definitionen, Schweregrad und Art der Störung festzustellen. In erster Linie gilt, wenn das tatsächliche Körpergewicht mindestens 15 Prozent unter dem erwarteten Gewicht oder BMI (Body-Mass-Index) von 17,5 oder weniger liegt. Gefahr besteht aber auch bei Gewichtsverlust durch selbstinduziertes Erbrechen bzw. Abführen oder durch übertriebene körperliche Aktivität.

Zweitens stellt sich die Frage nach einer Körperschematastörung. Das heißt: Wird die eigene Gewichtsschwelle sehr niedrig angelegt? Besteht die überwertige Angst, dick zu werden? Empfindet sich die Betroffene trotz Untergewicht als „zu fett“? Neben der unbedingt notwendigen allgemeinmedizinischen bzw. pädiatrischen Diagnostik und den regelmäßigen fachärztlichen Kontrollen ist in allen Fällen eine begleitende Psychotherapie erforderlich.

Jahrelange Therapie und Aufbau

Da die Therapie oft über viele Jahre und im Rahmen verschiedener Settings stattfindet, ist der gute Kontakt zwischen Ärzten und Therapeuten besonders bei Magersucht und Bulimie sehr wichtig. Denn sonst kommt es im ungünstigsten Fall zum Abbruch der Behandlung an den Therapie-Übergängen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Körpergewichtsnormalisierung. Die Etablierung eines geregelten Essverhaltensplanes ist eine wichtige Voraussetzung, um das durch Mangelernährung funktionell beeinträchtigte Gehirn wieder ausreichend mit essenziellen Nahrungsmitteln zu versorgen.

 

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