War Kitesurfen noch früher ein Extremsport, so zählt diese Wassersportart 
mittlerweile weltweit zu den beliebtesten aller Altersstufen. Auslöser für diesen Aufwind waren die wesentlich verbesserten technischen Features. Was nicht bedeutet, dass Kitesurfen „easy going“ ist. Immerhin betreibt man zwei Sportarten mit zwei Sportgeräten in einem.

Hartnäckigkeit, Ausdauer und keine Angst, mit dem Kopf in den unmöglichsten Positionen unterzutauchen, sind Voraussetzung. Am besten lernt man Kiten im Urlaub, an Orten mit regelmäßig wehendem Wind. Für alle, die sich überlegen, Kiten einmal auszuprobieren, haben wir drei erfahrene Kiter nach ihren persönlichen Erfahrungen gefragt. Sie bieten schon lange bei jeder Gelegenheit Wind und Wasser die Stirn.

Kitesurfen ist ein bisschen wie Schlagzeugspielen“, vergleicht Hobbymusiker und Unternehmer Christian Graf, der anfänglich vor allem mit der Koordination seine liebe Not hatte. „Man muss mit den Händen, Füßen und mit seiner Blickrichtung völlig unabhängig voneinander agieren können, ohne dass man über Kite, Board oder Körper die Kontrolle verliert. Die Balance unter all diesen beweglichen Komponenten zu finden war für mich das Schwierigste.“

Nachdem er aber prinzipiell die Herausforderung liebt, war Kiten genau das Richtige für ihn. „Das Schöne ist, dass es nie langweilig wird, weil man immer wieder Neues lernen kann. Es ist eigentlich egal, wie viel man schon kann. Alle Kiter stürzen gleich oft ab, weil jeder immer wieder etwas anderes ausprobieren möchte“, schildert Christian Graf. „Wenn dann einmal wieder etwas Neues gelingt und alles zusammenpasst – das Wetter, der Ort –, ist es unbeschreiblich genial!“

Kite und Wakeboard zu kontrollieren

Im Prinzip muss man zwei verschiedene Sportarten mit zwei verschiedenen Sportgeräten gleichzeitig beherrschen. „Es geht darum, Kite und Wakeboard zu kontrollieren“, erklärt Hans Hwesta. „Der eigene Körper ist dabei die Verbindung von den beiden. Mittels Körperspannung wird die Windkraft auf das Board übertagen. Am Anfang schaut man dauernd auf den Kite, was er macht, aber irgendwann bekommt man wie beim Autofahren das Gefühl dafür.“

Hans Hwesta gehört zu den Kitern der ersten Stunde. Seine Begeisterung für das Kiten entfachte eigentlich auf Grund eines Anfängerfehlers. „Ich habe mit dem Drachen im Wasser geübt und es ging ein ziemlich starker Wind. Plötzlich habe ich unabsichtlich den Drachen komplett durchgeloopt, d.h. er hat voll durchgedreht und mich mit einer so enormen Kraft aus dem Wasser gerissen, dass ich ein Stückchen über dem Wasser dahingeflogen und dann voll eingeschlagen bin. Das hat mir so Spaß gemacht, dass ich ab dem Zeitpunkt wusste, dass Kiten absolut mein Sport ist!“, erinnert sich Hans Hwesta.

Seither verbringt der IT-Abteilungsleiter und Kampfkunsttrainer alle seine Urlaube ausnahmslos auf dem Brett. Seine Lebensgefährtin Manuela Gram hat er mit seiner Kite-surf-Begeisterung angesteckt. Von Ägypten, Griechenland, Venezuela, Kuba bis zu Kap Verde haben beide schon viele Kitespots besucht. Was Hans Hwesta bis heute nach wie vor am Kiten begeistert: „Dass ich alleine am Wasser bin. Es gibt nur den Wind, das Wasser und mich!“

Schnell wie der Wind

Auch Manuela Gram liebt das Spiel mit den Elementen und das Alleinsein draußen auf dem Meer. „Wenn man es einmal kann, ist es total geil!“, zeigt sich die Teamleiterin in einer Finanzabteilung begeistert. Ob es für Frauen schwieriger ist, Kiten zu lernen, beantwortet sie mit einem definitiven Nein. „Frauen lernen vielleicht die Koordination etwas schneller, brauchen aber wie bei allen Sportarten länger, um Vertrauen in sich selbst zu haben“, beschreibt sie mögliche Unterschiede in der Herangehensweise. „Männer sind da meistens risikofreudiger, aber dadurch auch unfallgefährdeter als Frauen. Sie selbst liebt es, schnell zu fahren und zu springen.

Zwar ist der Trendsport natürlich vor allem bei jüngeren Generationen absolut angesagt, aber es finden sich Kiter aller Altersstufen auf dem Wasser. Sogar einige über 70-jährige Menschen wurden des Öfteren beim Kiten gesichtet. Kinder sollten mindestens ein Körpergewicht von 45 bis 50 kg haben.

Wie bei den meisten schwierigeren Sportarten ist es auch beim Kiten wichtig, sich grundlegend damit auseinanderzusetzen und zeitintensiv zu üben, wenn man es halbwegs schnell lernen möchte. Am besten für den Start ist natürlich ein Urlaub geeignet. Aufgrund der Wetterabhängigkeit sind Urlaubsorte wie Ägypten oder Griechenland im Sommer für Mitteleuropäer ideal. „Dort sind Wetter sowie die Windverhältnisse beständiger als in Österreich“, so Hans Hwesta. „Auch wenn es in Ägypten im Sommer heiß ist, weht immer ein guter Kite-Wind. Hierzulande ist es im Alltag oft schwierig, bis man Zeit hat, der Wind passt und der Trainer gleichzeitig frei ist. Oft vergehen viele Wochen, bis man wieder üben kann, und da hat man das Gelernte bereits vergessen und fängt immer wieder von vorne an.“

Christian Graf sieht das genauso: „In Österreich zu üben ist gut, wenn man schon bei ablandigem und böigem Wind fahren kann. Für mich ist der Neusiedlersee eine Art Prüfung – wer dort besteht, kann Kiten.“ Finanziell gesehen sind sich Manuela, Hans und Christian einig: „Verglichen mit einer Snowboard-Woche in Österreich ist der Ägyptenurlaub eigentlich günstiger.“ Was auch der Grund ist, warum viele dann doch lieber der Sonne und dem Meer entgegenfahren.

Voll abgedreht

Abschließend noch kurz zu den Risiken. Generell gilt Kiten mittlerweile als relativ sicherer Sport, weil sich die Technik der Ausrüstung immens verbessert hat. Gefahren sind, wenn man noch nicht bei ablandigem Wind fahren kann – also nicht gegen die Windrichtung landeinwärts fahren kann –, dass man auf das offene Meer hinaustreibt. Deshalb sollten Anfänger nur an Kitespots surfen, wo es Rettungsboote gibt. Andere Risiken sind, dass man sich beim Absturz ins Wasser mit dem Board verletzt, dass der Kite durch die stark angespannten Seile an Land Menschen verletzt, in Bäumen hängen bleibt oder durchloopt und den Kiter entweder an Land oder unter Wasser hinter sich herschleift.

Wichtig ist auch die Auswahl der richtigen Schule und der Trainer. „Ein guter Trainer vermittelt das Gefühl, dass er immer da ist“, so Hans Hwesta. „Schlecht ist, wenn der Schüler hinausgeschickt wird und der Trainer am Ufer steht und quasi auf einen Kaffee geht. Man muss sich genau anschauen, wie die Schulen vorgehen: Versuchen sie, möglichst schnell viele Leute durchzuschleusen oder möglichst schnell viel zu vermitteln.“

 

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